Vom Kanas-See nach Hotan
Vom Kanas-See bis nach Hotan fährt man zuerst mit dem Bus vom See bis zum Eingang des Naturreservats, von dort mit dem Auto nach Buerjin, von wo man wieder einen Bus nach Urumchi nehmen kann, um dann ein letztes Mal umzusteigen und am Ende nochmal 21 Stunden im Bus nach Hotan liegt (ist natürlich ein Schlafbus ;)). Hört sich insgesamt also nicht so besonders spannend an. Kann es aber trotzdem werden, wie wir jetzt wissen.
Zunächst einmal haben wir am ersten Juli nocheinmal den See und die Landschaft genossen. Dazu sind wir mit einem kleinen Bus einen Berg hochgefahren, von wo man einen schönen Überblick über fast den ganzen See hatte. Allerdings hatten wir ein wenig Pech mit dem Wetter und so wurden wir von einem starken Regen- und Graupelschauer eingeholt, als wir gerade die letzten Meter bis zum Gipfel erklommen hatten. Zum Glück waren wir mit schnelltrocknenden Hosen ausgerüstet, so dass wir auch bald wieder trocken waren. Danach haben wir noch einen kleinen Spaziergang durch die Landschaft gemacht und haben dann den Bus bis zum Eingang des Naturreservats genommen.
Danach verlief ersteinmal alles reibungslos: mit dem Auto nach Buerjin. Den Aufenthalt dort bis der Bus fuhr, nutzten wir um ein wenig Proviant zu kaufen. Dann der Bus nach Urumchi. Auch hier war alles in Ordnung. Wir mussten zwar am Busbahnhof in Buerjin wie alle anderen für unser Gepäck extra bezahlen, was sonst in China nie der Fall ist (ich vermute, dass die Leute am Busbahnhof in ihre eigene Tasche wirtschafteten). Und dann war noch die witzige Geschichte mit meinem fehlenden Kissen (wir hatten ja einen Schlafbus): “ich habe kein Kissen” - “kein Problem, klau dir einfach bei irgendjemandem eines” - “leider sind alle Betten schon belegt und die andern wollen sich keins klauen lassen” - “ok” - geht’s rüber zum anderen Bus und klaut mir dort eins … Aber ansonsten war auch hier alles ohne Probleme.
In Urumchi sind wir dann recht früh angekommen und haben uns - weil noch nirgends was los war, mal wieder in den Park gesetzt, den wir schon kannten. Gleich bei unserer Ankunft hatten wir auch schon Bustickets gekauft für einen Bus, der um 11:30 (oder so ungefähr) starten sollte. Natürlich waren wir dann pünktlich dort und bestiegen erstmal unseren Bus, der noch vollkommen leer war. Das wäre auch der erste Bus gewesen, der nicht bis auf den letzten Platz besetzt gewesen wäre. Gerade als wir starten sollten, hieß es dann, dass wir in einem anderen Bus fahren würden. Wir wurden dann mit einem Auto und zwei anderen Passagieren zu einem Busdepot gefahren, wo ein paar Busse rumstanden, aber sonst niemand war. Einer der Busse - natürlich der ohne Klimaanlage ;) - war also unserer. Und es hieß “wir fahren sofort ab”, man warte nur noch auf den Busfahrer. Nach vielen Nachfragen (Antworten: “sofort”, “in zehn Minuten”, “warte noch ein kleines bisschen”, …) und fast drei Stunden Wartezeit sind wir dann losgefahren. Der Bus war allerdings immer noch nicht voll und deshalb ging’s auch erstmal nur bis zum nächsten richtigen Busbahnhof, wo dann noch einige andere einstiegen. Jetzt war der Bus voll, aber der Busfahrer verschwunden. Er war dabei, die Formalitäten zu klären und die Papiere bei der Aufsichtsbehörde absegnen zu lassen und “komme in Kürze”. “Dann geht’s auch sofort los”. Der Begriff “sofort” ist allerding in China dehnbar und so warteten wir also weiter bis unsere Verspätung über vier Stunden betrug. Die chinesischen Passagiere waren auch nicht besonders erfreut, haben das aber alles vollkommen ohne einen Versuch, sich zu wehren, hingenommen. Ich bin dann irgendwann erbost zur Busbahnhof-Aufsichtsbehörde gegangen. Das ist die Behörde, die den gesamten Busverkehr in China regelt. Dort hab ich mich beschwert und man versicherte mir, dass man sich um den Fall kümmern würde. Als wir schon knapp fünf Stunden warteten ging’s dann endlich los, weil die Aufsichtsbehörde Druck gemacht hatte ;).
Die Fahrt verlief dann auch ein wenig abenteuerlich. Dass viele Busse hier in China nicht unbedingt den europäischen Standards genügen würde, war uns natürlich auch klar. Unser Bus hatte allerdings ein kleines Problem mit dem Getriebe und so kam es vor, dass bei der Beschleunigung in langsamer Fahrt der gesamte Bus eine rechts-links Bewegung machte, die einem Erdbeben glich und so stark war, dass der Fahrer zweimal das Steuer aus der Hand verlor. Nachdem dieser sich trotz mehrfacher Aufforderung weigerte, anzuhalten, um nachzusehen, wo das Problem lag, riefen wir bei der Polizei an. Die glaubte allerdings der Version des Fahrers, dass kein Problem am Bus aufgetreten sei. Das ist eine typische Reaktion der chinesischen Polizei. Am Anfang wird immer das Problem verleugnet. Je weniger Probleme es gibt, desto weniger Arbeit. Deshalb glauben sie einfach nur den Leuten, die sagen, dass alles in Ordnung ist. Auf die chinesische Polizei ist einfach grundsätzlich kein Verlass! Ich habe schon von so vielen Fällen gehört, in denen das so war und eigentlich noch von keinem, in dem das deutsche Sprichwort “die Polizei, dein Freund und Helfer” galt. Naja, am Ende habe ich dann an einer Mautstation doch noch zwei Polizisten, die gerade dort standen auf uns aufmerksam machen können und ihnen das Problem und meine Befürchtungen geschildert (und ich bin immer noch der Überzeugung, dass es mehr als nur ein bisschen gefährlich war, mit diesem Bus eine längere Strecke unterwegs zu sein). Die haben sich das angehört, mich dann wieder in den Bus geschickt und den Rest mit dem Fahrer geklärt. Was genau dabei rauskam, weiß ich nicht. Auf jeden Fall fuhren wir bei der nächsten Ausfahrt von der Autobahn und kamen auf einen abgelegenen Stützpunkt der Busaufsichtsbehörde, wo weitere Dinge geklärt wurden. Der Bus wurde allerdings niemals inspiziert - weder von der Polizei noch von der Aufsichtsbehörde. Danach ging die Busfahrt normal weiter und wir mussten uns unserem Schicksal ergeben, nichts tun zu können außer auf eine gesunde Ankunft zu hoffen.
Und irgendwann sind wir dann tatsächlich noch lebend in Hotan angekommen. Dass der Busfahrer aber mächtige Probleme bekommen hatte, erfuhren wir dann erst: er hatte eine Rechnung über viereinhalbtausend Yuan (etwa 450 EUR) bekommen. Und damit er das nicht bezahlen musste, mussten wir unterschreiben, dass wir heil angekommen seien. Letztlich haben wir das unterschrieben, weil man uns ansonsten unser Gepäck nicht geben wollte ;). Insgesamt hat mir dieses Beispiel vor allem wieder deutlich gemacht, was für einen weiten Weg China bis zum Rechtsstaat noch vor sich hat …
In Hotan quartierten wir uns dann erstmal in einem Hotel ein, erkundeten ein wenig die Stadt und konnten nach langem Fragen herausfinden, wo man Touren in die Wüste buchen konnte. Am Ende des Tages konnten wir uns dann auf einen Kamelritt in die Wüste mit Übernachtung freuen. Dazu dann im nächsten Bericht ;).