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Der langersehnte Urlaubsbericht

So, jetzt hab ich endlich alle meine Vokabeln für heute gelernt, hoffe, sie bis morgen behalten zu können, und hab ein bisschen Zeit, um euch kurz zu erzählen, was ich im Urlaub so alles gemacht hab.
Los ging’s also am Dienstag Morgen. Weil ich nicht so genau wusste, wie und wie schnell ich zum Ost-Busbahnhof für Fernbusse komme, habe ich schon um kurz nach sieben meine Wohnung verlassen, obwohl mein Bus nach Yixing erst um zwanzig nach acht abfuhr. Mit dem Bus bin ich über ein paar Umwege (weil meine Wohnung nicht direkt an einer Hauptbusroute liegt und ich nur einmal umsteigen wollte) dann tatsächlich bis zum Busbahnhof gekommen. Vielleicht sollte man hier gleich dazu sagen, dass Bus Fahren hier in China in jeder Hinsicht ein Erlebnis ist. In der Stadt gibt es zehn-Cent und zwanzig-Cent Busse - ohne und mit Klimaanlage. Letztere sind zudem etwas bequemer und wenn man nicht zur Rushhour unterwegs ist meistens etwas leerer. Die zehn-Cent Busse beinhalten dafür ein Vergnügungspark erlebnis mit besonderem Nervenkitzel: der Bus könnte nämlich jederzeit auseinanderfliegen, ein Taxi rammen, umkippen oder auch einfach nur einen Fahrradfahrer oder Fußgänger mitnehmen. Zum Glück geht aber dann doch meistens alles glatt - trotz rasanter Fahrt (die Beschleunigung ist zwar nicht so toll, aber dafür die Bremsen auch nicht ;)). Und weil die Busse bestimmt älter sind als ich selbst, bin ich auch zuversichtlich, dass sie nicht ganz auseinanderfallen - warum schließlich sollte das ausgerechnet jetzt passieren, wo sie schon ein paar Jahrzehnte hinter sich haben …
Ein weiteres Erlebnis ist dann der Fernbusbahnhof. Dort kommt man sich vor wie auf einem Mini-Flughafen - Gepäckkontrolle, Gates, Lautsprecheransagen … inklusive. Man wartet also bei seinem Gate bis der Flug äh Bus aufgerufen wird, mit dem man fahren möchte und kann dann erst über das Busfeld (zugegeben Gateways gibt’s keine ;)) zum Bus laufen - achja, das Gepäck wird auch nicht aufgegeben … Der Bus selbst ist dann unangenehm kalt gekühlt. Das ist man aber schon von vielen Gebäuden gewohnt. Ich weiß nicht, warum aber irgendwie stellen Chinesen bei der Klimaanlage immer gleich auf Froststufe *****. Naja, ich war vorbereitet und hatte lange Kleidung dabei ;).
Nach zweieinhalb Stunden Busfahrt - die Landschaft, die ich nicht verschlafen hab, war nicht erwähnenswert, also eigentlich keine Landschaft, sondern mehr oder weniger be- und zersiedeltes Gebiet - bin ich dann in Yixing angekommen. Yixing ist eine relativ kleine Stadt mit etwas einer Million Einwohnern. Gleich als ich mir auf dem gerade erworbenen Stadtplan einen ersten Eindruck von der Lage gemacht hatte und durch einen Park Richtung Stadtzentrum ging, wurde ich von einem Chinesen angesprochen. Aus dem Gesrpäch entwickelte sich dann, dass ich erstmal mein Gepäck zu ihm nach Hause brachte, mit ihm zusammen die Stadt anschaute (zum Mittagessen hab ich ihn dann eingeladen, weil er glaub ich nicht so besonders wohlhabend war) und danach noch (nach ein paar Minuten Busfahrt - diesmal ein vollkommen überfüllter Kleinbus, der flexibel am Straßenrand hält, wenn jemand ein oder aussteigen möchte) ein Dorf (d.h. vielleicht ein paar hundertausend Einwohner ;) - aber ich bin nicht sicher, wie viele genau) - Dingshan -, das für seine Keramikmanufakturen in ganz China berühmt ist anschaute. Natürlich haben wir uns auch eine der Teekannen”fabriken” besucht (es gibt wohl auch zwei große Fabriken, in denen aber das gleiche passiert wie in den kleinen). Kurz gesagt war ich eigentlich den ganzen Tag mit ihm unterwegs, wurde danach noch nach Hause zum Abendessen eingeladen und hab mir dann mit seiner Hilfe ein Hotel gesucht.
Am nächsten Morgen machte ich mich auf, zwei Natursehenswürdigkeiten in der Gegend zu besichtigen. Das eine war eine Höhle. Im Berg konnte man (fast) den Gipfel erklimmen, um danach über einige Tempelanlagen wieder nach unten zu wandern. Weil’s das erste Mal seit langem war, dass ich ganz in der Natur war, hab ich die Gelegenheit auch gleich genutzt und mich fast eine Stunde lang ins Gras gelegt, um mich etwas auszuruhen.
Danach ging’s dann weiter Richtung “Bambusmeer”. Das Bambusmeer (dort sind auch die meisten Fotos in der Gallerie entstanden - ich hoffe, ich komme bald dazu, die Fotos zu beschriften) ist die südlichste Region der Provinz Jiangsu (von der Nanjing die Hauptstadt ist) und ist im Gegensatz zur (fast) kompletten restlichen Provinz fast unbewohnt. Entsprechend kann man seine Blicke weit in die Ferne schweifen lassen (soweit es der Dunst zulässt, der diesmal nicht Smog, sondern auf das feuchte Wetter zurückzuführen war) ohne ein Zeichen von Zivilsation zu erblicken. Na gut, man muss in die richtige Richtung schauen. Nämlich nicht dorthin, von wo man durch die Bambuswälder über tausende von Treppenstufen auf den Berg gelangt ist, der einem die Aussicht ermöglicht. Dort gibt’s nämlich viele, viele Chinesen, die meistens den beschwerlichen Aufstieg auslassen und sich am Ufer eines kleinen Sees erfreuen, den man bequem mit dem Auto erreichen kann. Entsprechend gibt’s dort auch viel Zivilisation, also Imbiss- und Getränkebuden, Lautsprecher, aus denen sphärische Klänge ertönen und Gruppen von in pseudotraditionelle Kleider auftretenden Chinesen, die das Volk mit ihren Darbietungen belustigen. Das Beste an allem ist aber auf jeden Fall die unberührte Natur, in die man kommt, wenn man nur etwas abseits der Massen läuft.
Zu Beginn meines Aufstiegs habe ich dann eine Großfamilie (d.h. zwei Brüder mit ihren Familien, die zusammen mit einem Freund, seiner Familie und der Freundin der Tochter des Freundes unterwegs waren; dabei war dann noch ein Freund des Freundes, eine Oma und vielleicht noch jemand, den ich vergessen habe, zu erwähnen). Dass wir danach gemeinsam den Berg bestiegen verlangsamte zwar meine Wanderung erheblich (nicht nur, weil die Chinesen nicht alle konditionell besonders gut drauf waren, sondern auch deshalb, weil sie an jedem schönen Fleck - und die gab’s etwa alle paar Meter ;) - ein Foto machen wollten …), aber dafür hatte ich danach schon wieder eine Einladung zum Abendessen. Und diesmal wurde es richtig dekadent. Insgesamt waren wir vielleicht etwa 25 Leute in wohl einem der besten Restaurants von Yixing. Es gab eine Unzahl von Gerichten (wenn ich vorsichtig schätze, komme ich vielleicht auf vierzig verschiedene), die bis auf eines nicht scharf, also für mich genießbar waren. Erwähnenswert ist vielleicht das Fleisch auf Deutsche Art, das tatsächlich wie ein Steak bei uns geschmeckt hat, und zu deren Verzierung vielleicht zehn Pommes fein säuberlich in Reihe gelegt wurden, die mit kleinen Ketchup-Tupfern besetzt waren. Sah auf jeden Fall sehr cool aus. Leider bin ich vor lauter Essen und lernen, wie man Krebse öffnet, Garnelen richtig schält, knusprige Entenhaut in Teigfladen wickelt, … gar nicht zum Fotographieren gekommen. Auf jeden Fall war ich hinterher mehr als gesättigt. Danach wurde ich noch in eine sehr, sehr teure Wohnung eingeladen und man sagte mir, ich könne gerne mal wieder kommen - “Yixing ist ja nicht weit von Nanjing”.
Am Donnerstag Morgen hab ich mich dann wieder gemütlich auf den Weg gemacht, um über eine weitere mittelgroße Stadt (Wuxi - ca. 5 Mio. Einwohner) mit Bus und Bahn (zum Zugfahren erzähl ich irgendwann nochmal was) wieder nach Nanjing zurückzukehren. Insgesamt war’s ein sehr netter Urlaub. Endlich mal wieder Natur und jede Menge Sprachpraxis. Wenn man nämlich mit Chinesen unterwegs ist, werden einem ständig Fragen gestellt. Und weil das Englisch der Chinesen meistens auch nicht besser ist, wie mein Chinesisch, nutze ich eben dieses … Ansonsten bleibt festzuhalten, dass es sich sicherlich lohnt, auch mal alleine unterwegs zu sein, weil dann die Wahrscheinlichkeit, eingeladen zu werden und dadurch verschiedenste Gesellschaftsschichten kennenlernen zu können, beträchtlich steigt ;).

Mittlerweile ist es auch schon wieder viel zu spät, so dass ich jetzt schnell ins Bett springe. Ich hoffe, dass ich nichts vergessen habe - wenn’s noch Fragen gibt, schreibt einfach, was ihr noch wissen wollt …

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