Eine total chinesische Veranstaltung
Anfang der vergangenen Woche hatte ich die Möglichkeit eine vollkommen chinesische Veranstaltung zu besuchen. Nachdem unsere Lehrerin ein paar von uns gefragt hatte, ob wir nicht eine kleine Reise machen und an einer Veranstaltung teilnehmen wollten, ohne uns allerdings mitzuteilen, was genau passieren sollte, waren wir sehr gespannt. Trotz der Ungewissheit konnte ich natürlich nicht Nein sagen.
Wir waren also sechs Leute aus Frankreich, Litauen, Mali, Nigeria, den Vereinigten Staaten und Deutschland. Was wir wussten, war nicht viel: eine Veranstaltung, auf die wir uns nicht vorzubereiten brauchen, bei der es gutes Essen gibt und am Ende die Gelegenheit, etwas touristisch aktiv zu werden. Es stellte sich heraus, dass wir - nicht ganz unwichtige - Gäste des Wu Kultur Symposiums waren, das im Rahmen des jährlich stattfindenden Wu Kultur Festes stattfand. Dieses Fest wird in Wuxi (das ist von Nanjing aus gesehen die nächste größere Stadt) zelebriert, weil dort vor über 3000 Jahren einst das Zentrum der Wu Kultur war. Weil aber “Wu Kultur Symposium” etwas profan klingt, macht der geschickte Chinese daraus ein “Internationales Wu Kultur Symposium”. Und um ein reines Gewissen zu haben, dass es sich nicht um Etikettenschwindel handelt, wurden wir eingeladen. Auf der Teilnehmerliste wurden wir übrigens direkt hinter den Ehrengästen, Leitern und Hauptrednern geführt und bei der Eröffnungsrede wurde noch einmal extra darauf hingewiesen, dass auch Teilnehmer aus Frankreich, Litauen, Mali, Nigeria, den Vereinigten Staaten und Deutschland kommen. Nicht gesagt wurde allerdings, dass es jeweils nur eine(r) war und dass die auch wegen mangelndem Wissen um die Kultur und geringen Sprach-/Dialektkenntnissen nicht viel verstanden haben von den mehr oder weniger ausgereiften Sichtweisen der Profs und Forscher, die sich schon etwas länger mit der Materie auseinandergesetzt zu haben schienen. Dem Aussehen nach könnten sogar Zeitzeugen unter ihnen gewesen sein ;).
Wir haben also zunächst teilgenommen an der Eröffnungsfeier des Festes und danach an der des Symposiums. Die erste bestand zum Großteil, die zweite vollständig aus Reden, die zumindest ich nur bruchstückweise verstanden habe. Interessant schienen allerdings alle nicht zu sein - oder es muss am Essen gelegen haben, dass bei den ersten Vorträgen des Symposiums ein Großteil der Teilnehmer ein Nickerchen gehalten oder gleich ganz den Saal verlassen haben. Ich war zwar noch nicht im chinesischen Volkskongress, aber in etwa so stelle ich mir das auch vor: vorne redet einer und auf den besetzten Plätzen im Saal ruht man sich aus, um beim nächsten Essen wieder fit zu sein …
Über Essen und Unterkunft konnten wir uns auch wirklich nicht beklagen. Und auch das Versprechen, noch etwas von der Stadt zu sehen, wurde eingelöst. Nachdem das Foto gemacht wurde, auf dem wir die Internationalität hochhielten (deshalb durften auch keine asiatischen Mitschüler mit - denen sieht man ja nicht sofort an, dass sie nicht Chinesen sind), hatten wir unsere Aufgabe erledigt. Am kommenden Tag haben wir eine Insel im Taihu (das ist ein ziemlich großer See ein klein wenig südlich des Yangtse, den man auch in einem normalen Atlas als kleinen blauen Fleck sieht), an dem Wuxi (Google Earth: 31°34′12.31″N und 120°16′51.92″E) liegt und einen 88 m hohen Buddha, der vor etwa zehn Jahren errichtet wurde und damit schon nicht mehr als eher neuere Attraktion gilt ;), besichtigt und sind dann wieder nach Nanjing zurückgekehrt.